Zwei Regierungswechsel in 2022, eine Inflationsrate von aktuell 11,1 Prozent und Rezession – die britische Wirtschaft steht am Ende eines turbulenten Jahres vor riesigen Herausforderungen. Andreas Russ, Managing Director UK/Ireland bei a. hartrodt in London, ist trotzdem zuversichtlich: „Auch wenn einige Kunden anfangen, Volumina zu reduzieren – das konnten wir durch Neukundengeschäft mit britischen und multinationalen Unternehmen mehr als nur abfedern.“ Zudem seien die Brexit-Folgen weniger dramatisch als befürchtet. Seit dem EU-Austritt des Vereinigten Königreichs zum 1. Januar 2021 habe sich die Lage in den Seehäfen „etwas entspannt“.
LKW-Kapazitäten sind wieder verfügbar
Bis vor wenigen Monaten war a. hartrodt UK laut Russ „noch im totalen Krisenmodus“. Wegen Fahrermangels mussten LKW-Transporte von Containern Wochen im Voraus gebucht werden, Stau vor Europas Seehäfen ging mit wochenlangen Schiffsverspätungen einher: „Das führte zu konstanten Umbuchungen und Mehrarbeit bis an die Belastungsgrenze unserer Mitarbeitenden.“ Jetzt hätten sich die Importvolumina stark reduziert, „LKW-Kapazitäten sind wieder verfügbar“.
Flexibler Mittelständler
Russ beobachtet, wie sich seit dem Brexit die Marktstrukturen verändert haben: „Einige Kunden haben zum Beispiel Niederlassungen gegründet, Läger aufgebaut oder sogar die Entscheidung getroffen, Märkte zu verlassen.“ Als flexibler Mittelständler profitiere a. hartrodt UK mit heute über 30 Beschäftigten davon, auch in Boom-Zeiten organisatorisch schlank geblieben zu sein und Lösungen gegen Fachkräftemangel zu finden: „Wir haben teilweise branchenfremde Mitarbeitende eingestellt und geschult.“ Russ sieht die internationale Spedition „vielfältiger aufgestellt“ als die meisten Konkurrenten: „Neben unserem Export-Schwerpunkt bedienen wir auch Nischenmärkte wie Chemie oder Nahrungsmittel.“
Vielen Spediteuren im Vereinigten Königreich prophezeit Russ für 2023 „große Probleme“, weil sie zumeist „sehr importlastig“ seien. Er erwartet, dass einige Konkurrenten wegen deutlich erhöhter Personalkosten und Investitionen unter anderem in Läger „das Jahr 2024 nicht mehr erreichen werden“.