Page 12 - a.hartrodt Business Report 2020 DE
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Weltmärkte
Die Welt im Zeichen der Corona-Krise
Ein Virus bringt die Welt aus dem Takt und versetzt große Teile der Wirtschaft in den Krisenmodus. Lieferketten geraten unter Druck, Rohstoffe und Zulieferprodukte werden knapp, das Konzept der globalen Arbeitsteilung bekommt Risse. Nach der langsamen Abkühlungsphase eines Boom-Jahrzehnts,
die bereits 2019 einsetzte, legte die Corona-Pandemie viele Industriebereiche lahm. Die Politik in Deutschland bezeichnet die Bewältigung der Krise und ihrer Folgen als größte Heraus- forderung der Nachkriegsgeschichte.
Doch nicht alle Wirtschaftszweige sind in gleichem Maße von der Krise betroffen. Ganz im Gegenteil: Der Online-Handel er- lebt einen Höhenflug. Auch die Lebensmittelbranche verzeichnet eine Rekordnachfrage. Und die Logistik kann in vielen Berei- chen, die sich als systemrelevant erweisen, von steigenden Mengen profitieren.
Wie schwer es die Weltwirtschaft jedoch getroffen hat, belegen Zahlen: Während 2019 noch ein Wachstum von 1,5 Prozent erzielt wurde, brach der globale Handel 2020 um 3,5 Prozent
Marktentwicklung
Auf den Einbruch folgt die Aufholjagd
Corona trifft die Logistik im ersten Halbjahr 2020 hart. Die Nachfrage nach Transportdienstleistungen bricht weltweit ein. Im globalen See- und Luftfrachtverkehr gehen die Aufträge, aber auch die Volumina rapide zurück. Folge: Reedereien streichen Abfahrten, Airlines legen Flugzeuge still. Allein in Deutschland erlebt das Luftfrachtgeschäft einen Einbruch von 17 Prozent.
Doch im zweiten Halbjahr kehrt sich die Entwicklung um. Die Wirtschaft holt wieder auf. Dies führt zu deutlich steigenden Sendungsmengen, die auf nicht vorhandene Kapazitäten treffen. In der Luftfracht hatten die Airlines ihr Frachtgeschäft in weiten Teilen im Bauch von Passagierflugzeugen transportiert. Mit dem Wegfall des touristischen Reiseverkehrs verschwan- den plötzlich riesige Frachtkapazitäten im Markt. Dies führte zu einem massiven Anstieg der Luftfrachtraten.
Zu einer vergleichbaren Entwicklung kommt es im Seeverkehr. Bereits im April und Mai vervielfachten sich die Seefrachtraten
ein, in Europa ging das Wachstum sogar um 6,1 Prozent zurück (2019: +1,5 Prozent).
Hinzu kommen weiterhin schwelende Handelskonflikte zwi- schen den USA und China und der sich zuspitzende Kampf um die Technologieführerschaft. Es ist davon auszugehen, dass sich globale Handelsströme durch diese Einflüsse nachhaltig verschieben werden. Die zunehmende Regionalisierung von Produktion und Logistik, aber auch die wachsenden Sicherheits- bestände in Lagerhäusern werden zur neuen Realität einer auf Resilienz hin ausgerichteten Lieferkette.
Viele wichtige Industrieländer haben ihre Investitionspolitik geändert oder werden sie grundsätzlich ändern. China ist
als Produktionsstandort nicht mehr erste Wahl. Vietnam, die Philippinen, Indonesien und andere Länder rücken stärker
in den Vordergrund, auch regionale Standorte werden in die Strategieüberlegungen einbezogen. Dies beeinflusst auch die logistischen Ströme im Überseetransport.
auf fast allen globalen Handelsrouten und erreichten neue Rekordhöhen. Carrier erklären den Ratenanstieg als Folge der Pandemie. Die Gründe sind jedoch zum großen Teil haus- gemacht. So befindet sich der Seefrachtmarkt seit Umstruk- turierung der Reedereiallianzen in einer schwierigen Phase. Die Auswirkungen werden an vielen Stellen sichtbar: Falsches Equipment am falschen Ort, mangelnde Entladekapazitäten, Fehlauslastungen von Schiffsraum – viele Faktoren bringen Kunden heute in die Situation, knappe Transportkapazitäten mit hohen Raten bezahlen zu müssen.
Erfreulich hat sich hingegen eine Alternative zum Seeweg auf der Strecke zwischen China und Europa entwickelt. Mit dem fortschreitenden Ausbau der Transsibirischen Eisenbahn Route, die auch als Neue Seidenstraße bezeichnet wird, ist eine Ver- bindung entstanden, die sehr zuverlässig und deutlich schneller ist als der Seeweg.
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